Berlin will Cannabis-Modellprojekt per Klage durchsetzen
- 22. Juli 2021
- News
Die Rolle von Cannabis in Deutschland ist seit jeher ein Streitthema. Das gilt sowohl für den Freizeitkonsum als auch für die Abgabe von Cannabis zu medizinischen Zwecken. In Berlin geht der Streit zwischen geltendem Recht und dem Willen zur teilweisen Legalisierung nun in die nächste Runde. Nun möchte die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) das Berliner Modellprojekt zur Cannabis-Abgabe vor dem Verwaltungsgericht Köln durchsetzen. Aber was steckt dahinter?
Ein Blick auf die Parteiprogramme der Parteien macht eines deutlich: Spätestens nach der Bundestagswahl am 26. September dieses Jahres wird Cannabis auch hierzulande eine große Rolle spielen. Und das sowohl im medizinischen Bereich als auch als Freizeitdroge. Neben den Grünen, der SPD und der Linken setzt sich auch die FDP für die Liberalisierung im Umgang mit Cannabis ein. In Berlin will der Senat nun noch vor der Bundestagswahl den Cannabis-Turbo zünden.
Dort ist ein Modellprojekt geplant, für das es zuletzt juristischen Widerstand gab. Nach bisher zwei Niederlagen vor dem für den Einsatz von Cannabis verantwortlichen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) kündigte die Berliner Gesundheitssenatorin nun an, die in Bonn ansässige Behörde vor dem Kölner Verwaltungsgericht zu verklagen.
Während ein Sprecher des Verwaltungsgerichts in Köln die Einreichung der Klage bestätigte, hat sich die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung bisher nicht dazu geäußert. „Die Beteiligten streiten sich um eine Ausnahmegenehmigung für die Durchführung eines Modellprojekts, bei dem legal über Apotheken Cannabis ausgegeben werden soll“, so ein Sprecher.
Aber worum geht es überhaupt? Im Grunde genommen dreht sich alles darum, dass 20 Apotheken Berlins legal Cannabis vertreiben dürfen. Und zwar an 349 im Rahmen des Modellprojekts ausgewählte und registrierte Menschen, die psychisch und physisch gesund sind. Auflage für die Konsumenten ist das Führen eines Konsumtagebuchs, was die wissenschaftliche Begleitung des Modells erleichtern soll. Das Modell dient der Beantwortung gleich mehrerer Fragen:
Dass solche Projekte langfristig Erfolg haben können, zeigen Vorbilder aus anderen Ländern, wie beispielsweise den USA, Kanada oder Uruguay. Erwartungsgemäß ist auch hierzulande zunächst mit einem Hype samt steigendem Konsum zu rechnen. Allerdings werde der Konsum ähnlich wie in anderen Ländern schnell wieder auf das Niveau vor der Legalisierung absinken.
Auch wenn der Konsum unter dem Strich damit gleich bleibt, bleiben die weiteren Vorteile der legalen Abgabe erhalten. Sei es nun die Verringerung der Gesundheitsgefahren, die Reduktion der Dealer-Kriminalität, den Anstieg der Steuereinnahmen oder die Entlastung von Polizei und Justiz.
Kritiker sehen in der aktuellen Klage des Berliner Senats nur ein taktisches Manöver mit Show-Charakter, das keine Aussichten auf Erfolg hat. Immerhin habe Berlin die Idee des Modellversuchs nicht exklusiv. Vielmehr ging der Modellversuch auf eine gemeinsame Initiative von Berlin, Bremen und Thüringen im Bundesrat zurück.
Die drei von Rot-rot-grün geführten Länder hatten vor, Modellversuche zur freien Abgabe von Cannabis zwecks Freizeitkonsum in ganz Deutschland zu erlauben. Das Problem: Selbst um einen solchen Modellversuch zum Zweck er Wissenschaft durchzuführen, müsste das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) geändert werden. Das ginge lediglich mit Zustimmung des Bundestags und des Bundesrats.
Immerhin hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erst vor Kurzem die Abgabe von Cannabis an Schwerkranke durch Apotheken durchgewunken. Auch hier ging ein langjähriger Streit voraus. Ob die aktuelle Klage vor dem Kölner Verwaltungsgericht erfolgreich ist, bleibt also abzuwarten.