Union diskutiert über Cannabis-Freigabe – Grünes Wunder oder Nebelkerze?
- 2. November 2019
- News
Schätzungen zufolge konsumieren vier Millionen Bundesbürger mehr oder weniger regelmäßig Marihuana. Darunter auch etliche Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren. Im Angesicht dieser Zahlen kann sich die Union die Blockadehaltung der Vergangenheit wohl nicht mehr leisten und diskutiert nun offen über eine Cannabis-Freigabe.
Während sich Parteien wie die Freien Demokraten (FDP) und die Grünen bereits seit Jahren offen für die kontrollierte Cannabis-Freigabe einsetzen, hat die Union vor allem durch ideologische Blockaden geglänzt. Nun aber scheint sich das Schwesterbündnis dem Druck der Realität zu beugen. Erstaunliche Töne gab es zuletzt von Seiten der Drogenbeauftragten Daniela Ludwig – ausgerechnet aus den Reihen der CSU.
„Wir müssen aufhören mit ideologisch aufgeladenen Schwarz-oder-Weiß-Debatten, denn so kommen wir schlichtweg nicht weiter. […] Was schützt am Ende des Tages die Gesundheit der Menschen, insbesondere von Jugendlichen, am besten, und welcher Weg ist für die Situation hierzulande der sinnvollste?“, so Ludwig in einem Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Der plötzliche Meinungsumschwung ist in Anbetracht der Cannabis-Politik in führenden Staaten wie den USA und Kanada sowie der gesellschaftlichen und medizinischen Faktenlage aber nicht nur folgerichtig. Frei von Eigennutz ist die Debatte mit Sicherheit nämlich nicht.
Immerhin muss die Union im Kampf um die junge, liberale und freiheitsliebende Wählergeneration nun auch ein attraktives Profil aufbauen. Laut Expertenschätzungen konsumieren schließlich gut neun Prozent aller Heranwachsenden zwischen 12 und 17 Jahren zumindest sporadisch Cannabis. Das sind die Wähler von Morgen, die man nicht den Grünen oder den Liberalen von der FDP überlassen möchte.
In der Fraktion diskutiert man über eine kontrollierte Freigabe für den Eigenbedarf. „Man muss die gesellschaftlichen Realitäten anerkennen“, so CDU-Innenpolitiker Marian Wendt gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND). Einen konkreten Plan nannten die Politiker allerdings noch nicht. Abgesehen davon, dass das Cannabis aus kontrolliertem Anbau stammen müsse und nur über lizenzierte Abgabepunkte an Volljährige abgegeben werden dürfe.
Unter dem Strich ist damit in der deutschen Politik die letzte Blockade-Bastion gegen die Legalisierung von Cannabis gefallen. Nun ist es an der Zeit, ein stichhaltiges Konzept aus Abgabepolitik, Suchtprävention und Jugendschutz auszuarbeiten.
Hier nämlich sehen Experten wie der Suchtbeauftragte des Berufsverbands der Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin (BVKJ), Matthias Brockstedt, noch große Hürden. Gemeinsam mit einer konkreten Ausformulierung für die Cannabis-Freigabe im Jugendschutzgesetz fordert er eine zusätzliche Einschränkung der aktuell zu lockeren Abgabe von Alkohol an unter 18-Jährige. Das ist sowohl medizinisch als auch gesellschaftlich nur richtig und konsequent.
Nun scheinen sich zumindest auf politischer Ebene alle Parteien grundlegend einig über die Cannabis-Legalisierung zu sein. Jetzt kommt es darauf an, dass die Parteien ein stabiles Konzept ausarbeiten, das möglichst viele Win-win-Situationen schafft. Sowohl für die Gesundheit, den Jugendschutz und die Entlastung von Polizei und Justiz als auch für die individuelle Freiheit und natürlich den Fiskus.