Urteil: Cannabis-Konsum führt nicht automatisch zu Hartz IV-Rückzahlung
- 13. November 2020
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Ans Tageslicht kommender Drogenkonsum führt nicht selten zu Problemen am Arbeitsplatz. Im schlimmsten Fall ist der Arbeitsplatz futsch, was mitunter weitere Folgen nach sich zieht. So ging es auch einem Taxi-Fahrer, der seinen Job wegen Cannabis-Konsum verlor und zudem Hartz IV-Leistungen zurückzahlen musste. Wie das Bundessozialgericht nun entschieden hat, ist der Arbeitsplatzverlust durch Cannabiskonsum aber nicht immer ein Grund für den Leistungsverlust.
Ein Taxifahrer aus Niedersachsen wurde im Jahr 2014 mit der Beschwerde eines Fahrgastes konfrontiert, daraufhin musste sich der Mann einem polizeilichen Drogentest unterziehen. Hier stellten die Beamten fest, dass der Taxifahrer Cannabis konsumiert hatte und sich nicht hinters Steuer hätte setzen dürfen. Die Folge: Der Mann musste seinen Führerschein abgeben und verlor seinen Job. Damit aber noch nicht genug.
Da der Mann rund ein Jahr Hartz IV-Leistungen bezogen hatte, trat auch das Jobcenter auf den Plan. Dieses forderte nun Leistungen in Höhe von 3.148 Euro zurück. Die Verantwortlichen des Jobcenters begründeten diesen Schritt mit sozialwidrigem Verhalten. Genau genommen habe der Taxifahrer seine eigene Hilfsbedürftigkeit durch den Konsum von Cannabis selbst verursacht. Gegen diese Forderung zog der Mann vor Gericht.
Definition: Sozialwidriges Verhalten (§ 34 SGB II)
Wenn ein Erwerbsloser seine Hilfsbedürftigkeit absichtlich oder fahrlässig zu Lasten der Solidargemeinschaft herbeiführt, handelt es sich um sozialwidriges Verhalten. „Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, ist zum Ersatz der deswegen erbrachten Geld- und Sachleistungen verpflichtet“.
In zweiter Instanz folgte das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen der Argumentation des Mannes zumindest teilweise. Er habe sich definitiv sozialwidrig verhalten. Allerdings handele es sich um einen lediglich durchschnittlichen Sanktionsfall. Ferner habe der Taxifahrer gegen seinen Arbeitsvertrag verstoßen, was aber nicht zwingend mit einer Leistungsrückzahlung verbunden sei.
Das in dritter Instanz angerufene Bundessozialgericht kam zu einer ähnlichen Auffassung. Laut den Richtern hatte der Mann zwar einen hohen THC-Wert im Blut, den auslösenden Joint jedoch bereits am Tag zuvor konsumiert. Daraus schlussfolgerte das Gericht, dass es nicht die Absicht des Mannes war, unter Drogeneinfluss Auto zu fahren und damit den Job zu riskieren.
Die Richter verwiesen darauf, dass geprüft werden müsse, ob es dem Taxifahrer bewusst war, dass er durch den Cannabis-Konsum seinen Arbeitsplatz verlieren und auf Hartz IV-Leistungen angewiesen sein könnte. Gleichzeitig unterstich man abermals, dass nur derjenige sozialwidrig handelt, der zumindest grob fahrlässig bzw. absichtlich handelt. Dieses Urteil dürfte wohl so manchen Freund der „Grünen Brille“ aufatmen lassen.